Neuseeland Australien

Logo KLFG

Essay

Von Claudia Duppé

Aotearoa/Neuseeland, das Land am anderen Ende der Welt gilt für viele immer noch als letztes Paradies, als traumhafte und unberührte Landschaft. Diese Vorstellung erlebte jüngst durch das Fantasy Filmepos „The Lord of the Rings“ I–III („Der Herr der Ringe“, 2001–2003) eine neue Blüte. Die Filmtrilogie löste eine Tourismuswelle ungeahnten Ausmaßes aus. „Middle Earth is in New Zealand!“ war und ist einer der Marketingslogans des Landes. Dies ist paradox und ironisch zugleich, weil die Epen, auf denen die Fantasiewelt des britischen Autors J. R. R. Tolkien aufbaut, ausnahmslos europäischer Natur sind und somit Aotearoa/Neuseeland einmal mehr mit europäischer Imagination überformen.

Die Kolonialzeit ist prägender Bestandteil der Kulturgeschichte Aotearoas/Neuseelands. Mit dem Streben nach Unabhängigkeit vom Mutterland Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg stand gerade die Aufarbeitung der kolonialen Einflüsse des 19. Jahrhunderts auf Kultur und Gesellschaft im Fokus des Interesses. Die Suche nach Identität und kultureller Verortung ist sowohl an der Literatur der weißen Siedler, im neuseeländischen Kontext Pākehā genannt, wie auch der Māori Literatur abzulesen, Letztere konnte leider erst seit den 1960er Jahren erfolgreich ihren Platz auf der literarischen Bühne einnehmen.

Ein kleiner Exkurs in die Geschichte Aotearoas/Neuseelands soll die europäische Erwartungshaltung an ein Land, das den ...